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MONATSOBJEKT DEZEMBER 2018

Musterkarten eines Gablonzer Großhändlers
mit Ohrsteckern und Ohrclips
(Privatsammlung)

Eine Serie von 29 Gablonzer Musterkarten (Format 44 x 34 cm) mit jeweils 8 x 8 Mustern zeigen insgesamt mehr als 1.800 Muster von Ohrsteckern und Ohrclips.
Drei dieser Musterkarten sowie Details daraus sind auf nachstehenden
Abbildungen zu sehen. Die meisten davon sind 1946 und 1947 datiert,
manche auch noch 1948. Sie gehen auf Muster der Zwischenkriegszeit zurück,
die auch nachher noch ausgeführt wurden und geben einen Einblick in die
historischen Ereignisse in der Tschechoslovakei, widergespiegelt im
Wechsel der Sprache von Deutsch auf Tschechisch.

Musterkarte Gablonz Ohrstecker und Ohrclips

Florale Motive (vor allem Blüten und Blätter) und geometrische Motive (Sterne)
waren ebenso beliebt wie Tiermotive, vor allem Vögel und Insekten (s. Bild unten).

Musterkarte Gablonz Ohrstecker und Ohrclips

Musterkarte Gablonz Ohrstecker und Ohrclips

Musterkarte Gablonz Ohrstecker und Ohrclips

Manchmal übernehmen die Ohrstecker auch Christbaumschmuckmotive
(siehe obiges Bild, erste Reihe).

Musterkarte Gablonz Ohrstecker und Ohrclips

Ausgeführt wurden diese Ohrstecker und Ohrclips von spezialisierten Erzeugern. Den jeweiligen Lieferanten an den Großhändler finden wir auf den Musterkarten in Form eines Codes aus einer Buchstaben-Zahlen-Kombination, im Motivfeld meist links oben. Die fortlaufende Nummer unterhalb des jeweiligen Motivs bezieht sich auf den Großhändler (Exporteur), der namentlich nicht bekannt ist.

Musterkarte Gablonz Ohrstecker und Ohrclips

An einem Beispiel (obiges Bild) sei die Systematik erklärt.
Links unten steht die Nummer des Großhändlers (56561) aus einer fortlaufenden Serie, links oben der Code des Lieferanten (C2, seine Nummer: 83904), rechts oben das ursprüngliche Datum (12. 2. 47), darunter der Buchstabencode BLC für den Preis (durchgestrichen, weil später geändert).
Links vom Motiv stehen das neuere Datum (19. 1. 49) und die Preisberechnung (Summe = BRC/et), rechts die nun tschechische Beschriftung
(šroub = Schraube, cena = Preis)

Musterkarte Gablonz Ohrstecker und Ohrclips

Auf dem obigen Bild sind drei verschiedene Lieferanten vermerkt:
R 171, W 426, St 391,
die auf die Herstellung verschiedener Produkte spezialisiert waren, wie wir den Mustern entnehmen. Die Musterkarten zeigen noch eine Reihe weiterere Lieferanten-Codierungen.

Musterkarte Gablonz Ohrstecker und Ohrclips

Spätere Veränderungen wie auf obigem Bild hat man vorgenommen, indem man die alten Zeichnungen manchmal überklebte. So wurden die Muster vom 24. 10. 1946
auf der Überklebung mit dem Datum 13. 10. 47 versehen und später noch einmal mit 16. 1. 48 und 3. 11. 48 umdatiert. Die Größenangaben reichen von 8 bs 16 mm (nebenstehend die Preiscodierungen in Buchstabenform).
Der Lieferant wird mit seinem Code St 391 angeführt, der Großhändler mit den unverändert gebliebenen Seriennumern 56314 - 56316.

Musterkarte Gablonz Ohrstecker und Ohrclips

Als Materialien wurden unedle Metalle verwendet, kombiniert mit geschliffenen Glassteinen (besonders Straß, siehe obenstehendes Bild), aber auch Hohlperlen und Röhrchen, wie wir sie vom Christbaumschmuck kennen.
Eine Reihe von Spezialisten waren mit der Herstellung befaßt.

Die GABLONZER GLAS-, METALL- UND EMAILBIJOUTERIE
des Art Déco (zeitlich der Zwischenkriegszeit zuzuordnen) ist von unglaublicher Vielfalt. Sie reicht von aufwendig gearbeiteten Strass-Colliers bis zur billigen Blechbijouterie und verfügte über ein nahezu unüberschaubares Warenangebot: dazu gehörten Anhänger und Armbänder, Colliers und Ohrgehänge, Filigranschmuck, Hutnadeln und Haarschmuck, Jet-Bijouterie, Knöpfe und Mosaikschmuckwaren, Rosenkränze und Kreuze ebenso wie Theaterschmuck. Berühmt wurde der Gablonzer Glasperlen-Christbaumschmuck mit seinen zahllosen Kombinationsmöglichkeiten
von Perlen und Stiften. Seit jeher arbeitsteilig aufgebaut, waren in der Gablonzer Industrie für jeden Bereich Spezialisten zu finden. Sie sind in einem Gablonzer Adreßbuch von 1924 aufgezählt: die Gürtler (Bijouteriewaren-Erzeuger), Metallwarenerzeuger (Rohbestandteile für die Bijouterie, Pressungen, Taschenbügel, Hutnadelansätze, Ohrschrauben, Ringel etc.), Nadler, Zelluloid- und Galalithwarenfabriken und Erzeuger, Glaswarenerzeuger, Kolliers- und
Ketten-Erzeuger, Glasätzer und Galvanisieranstalten, Glasspinner, Graveure, Industriemaler, Similiseure, Kompositionsbrennereien, Formen- und Werkzeugschlosser, Verwachser und viele andere mehr.

    Fotos: Copyright Dr. Waltraud Neuwirth, Wien

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Fotos Copyright Dr. Waltraud Neuwirth, Wien

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